Szenische Berufsberatung an der SRE
Die Schüler auf der Bühne in der Aula der Realschule spielen nur, doch passiert ist es wirklich: Zwei Jugendliche reden in der Szene schlecht über den neuen Praktikanten des Jugendzentrums. Sie haben Vorurteile aufgrund seiner Herkunft. Ali, der Praktikant, musste nämlich aus Afghanistan fliehen. Die Szene ist Teil des Projekts Herzwerker – einer Initiative des bayrischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales, um Jugendliche für soziale Berufe zu begeistern: Berufsberatung mal anders. Zwischen den Szenen stehen die Fachkräfte, die die Situationen erlebt haben, Rede und Antwort.
Unterstützt von Betreuerin Tabea Hildner schauspielern die Realschüler – zuvor haben die Jugendlichen Menschen interviewt, die in unterschiedlichen sozialen Berufen arbeiten. Die Initiative soll jungen Menschen soziale Berufe näherbringen und veranschaulichen. „Soziale Berufe sind für die Gesellschaft unverzichtbar, Sinnstifter Berufe fürs Herz, wenn auch nicht für den Geldbeutel“, sagt Alexander Köppl, Schulleiter der Realschule. Seit über zehn Jahren gibt es das Projekt des bayrischen Ministeriums. Vorgestellt werden Bereiche wie Kita, Kinder- und Jugendhilfe und Heilerziehungspflege.
Kickern als Kontaktaufnahme
Vier Schüler sitzen in einer weiteren Szene am Rand der Bühne auf Blechtonnen mit Deckeln. Der Scheinwerfer fokussiert ein Mädchen, die Schülerin spielt in der Szene den Praktikanten Ali, der aus seiner Heimat Afghanistan fliehen musste. „Mein Vater hatte einen hohen Posten in der Politik, wir waren nicht mehr sicher“, sagt sie als Praktikant Ali. „Die erste Strecke legte ich mit einem Lastwagen zurück, dann mit dem Boot über's Meer und zuletzt mit dem Bus.“„Oh das ist heftig, schlimm was du durchgemacht hast“, sagt der Schüler, der vorher in seiner Rolle noch schlecht über ihn redete. Durch das Teilen von Alis Fluchtgeschichte lösten sich die Vorurteile der Jugendlichen auf.„Die Szene ist genau so passiert“, sagt Susanne Baumann, Leiterin des Jugendtreffs in Altdorf. Sie ist eine der vier anwesenden Fachkräfte. „Ich finde es superschön, dass Jugendliche auf mich zukommen und mich als Bezugsperson in ihre Probleme einweihen“, sagt sie. „Mir begegnen oft Vorurteile, etwa dass ich mein Geld 'leicht verdiene', weil ich ja nur ein bisschen kickere mit den Jugendlichen. Doch das dient einfach der Kontaktaufnahme, es soll eine Atmosphäre entstehen, in der sich junge Menschen wohlfühlen“, sagt die Sozialpädagogin. Für die offene Jugendarbeit seien unterschiedliche Hobbys und Talente auf jeden Fall von Vorteil. Baumann organisiert in ihrem Jugendtreff Workshops oder bietet ein Ferienprogramm an. Sie sei auch ein Sprachrohr für die Jugendlichen und trage deren Anliegen in die kommunale Politik.
Auch aus der Arbeit von Heilerziehungspflegerin Silvia Seiser und Nikola Wäldchen spielen die Jugendlichen Szenen nach. Wäldchen arbeitet in einer Kinderkrippe mit Hort als Bereichsleitung. „Kann ich im sozialen Bereich Karriere machen?“, fragt eine Schülerin. „Ja definitiv, das habe ich auch“, antwortet sie. „Gelernt habe ich Kinderpflegerin, dann Erzieherin und jetzt habe ich die Leitung der Kindergruppe.“
Der Job ist eine Herzensangelegenheit
Kathrin Plügler ist Sozialpädagogin in einer Wohngruppe in Landshut. Sie betreut Jugendliche im Alter von 14 bis 21 Jahren, die gemeinsam in einer Wohngruppe leben. „Viele Jugendliche bei uns haben Depressionen, Ängste oder andere Probleme, mit denen sie kämpfen“, sagt Pflügler. In der Wohngruppe werden die Jugendlichen im Alltag unterstützt bei Arztterminen oder der Suche nach einer geeigneten Ausbildung. Es sei viel Verantwortung, die man trägt, das sollte einem bewusst sein, sagt sie. Die abwechslungsreiche Arbeit lasse es nie langweilig werden.
Der Job ist für Kathrin Pflügler eine Herzensangelegenheit, nicht nur eine Arbeit. Darin waren sich die vier Frauen alle einig. „Macht Praktika in den Einrichtungen“, ermutigten sie die Jugendlichen. Die würden sich über interessierte junge Menschen freuen. Durch „Herzwerker“ sollen auch die Schüler erkennen, wie erfüllend die Aufgaben in diesem Bereich sind.